Neues Unterhaltsrecht seit 01.01.2008

1. Neue Rangfolge beim Unterhalt – Kinder zuerst;              

2. Mindestunterhalt;                      

3. Geschiedenenunterhalt; Grundsatz der Eigenverantwortung;

4. Arbeitspflicht ab „Kindergartenreife“?.

                                           

1. Neue Rangfolge beim Unterhalt

Nach § 1609 BGB hat der Kindesunterhalt künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen, also u.a. auch dem eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten. Dies gilt für alle minderjährigen Kinder, ob ehelich oder nicht ehelicher Abstammung, oder bis zum Höchstalter von 21 Jahren, wenn sie noch zur Schule gehenund im Haushalt eines Elternteiles leben.

Bisher mussten komplizierte Berechnungen angestellt werden, wenn das Geld des Pflichtigen nicht für alle Berechtigten ausreichte, die so genannte Mangelfallberechnung mit unterschiedlichen Selbstbehalten gegenüber Kindern und Ex-Gatten. Nach neuem Recht kommen die nachrangig Berechtigten erst zum Zuge, wenn alle aus dem ersten Rang befriedigt sind.

Die Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter gemäß § 1609 BGB ab 01.01.2008:

1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2;

2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle

einer  Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von

langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile i.S.

des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen (Ehe bedingte Nachteile für Sorge

um eigenen Unterhalt);

3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen;

4. Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen;

5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge;

6. Eltern;

7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die näheren den Entfernteren vor.

 

2. Mindestunterhalt

Bei der für den Kindesunterhalt maßgebenden Düsseldorfer Tabelle sind in der Version zum 01.01.2008 die Einkommensgruppen neu gegliedert.

Das Kindergeld ist jetzt in allen Einkommensgruppen bedarfsdeckend anzurechnen und zwar zur Hälfte, wenn ein Elternteil das Kind betreut, in allen anderen Fällen in voller Höhe (§1612 b).

Bsp.

Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen bis 1.500,– €

Altersstufe                        0 – 5                        6 – 11                    12 – 17                 ab 18

Tabellenbetrag                 279                           322                          365                      408

Zahlbetrag                        202                           245                          288                      254

Der Zahlbetrag ergibt sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen). Für das erste bis dritte Kind beträgt das Kindergeld derzeit 154 €, ab dem 4. Kind 179 € (Stand: Januar 2008).

Unabhängig von Einordnung des Kindesunterhalts nach Kindesalter und Einkommen des Pflichtigen in die Düsseldorfer Tabelle, gibt es jetzt einen Mindestunterhalt, geregelt in § 1612 a (Stand 01.01.2008). Dieser wird aus dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) nach EStG ermittelt. Er beträgt derzeit 3.648,– € p.a., damit 304,– € pro Monat.

Von diesem Existenzminimum leiten sich dann der Mindestunterhalt für die einzelnen Altersstufen wie folgt ab:

bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 87%  = 265,– €

vom 7. bis 12. Lebensjahr 100%                    = 304,– €

ab dem 13. Lebensjahr 117%                        = 356,– €.

Nur wenn noch Geld übrig ist, nachdem alle Kinder ihren Unterhalt empfangen haben (egal ob ehelich geboren oder nicht), bekommen deren Mütter Geld, und erst danach die übrige Verwandtschaft.

Dem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen verbleiben mindestens 900,– €.

 

3. Geschiedenenunterhalt; Grundsatz der Eigenverantwortung

„Lebenslang auf Kosten des ehemaligen Partners leben – damit ist es seit Jahresbeginn vorbei“ (Ausführungen zum neuen Unterhaltsrecht in Zeitschriften).

Tatsächlich ist in § 1569 BGB der Grundsatz der Eigenverantwortung so gefasst, dass es nach der Scheidung jedem Ehegatten obliegt, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften.

Bisher richtete sich der Unterhalt nur nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Wenn der Pilot 10.000,– € verdiente, die mit ihm verheiratete Flugbegleiterin aber 2.000,– €, dann war der Lebensstandart 12.000,– €, der Unterhalt lag bei ca. 6.000,– €. Heute ist der Maßstab herabgesetzt auf die Summe, die die Ehepartner vor der Ehe verdienten, also im Fall der Flugbegleiterin  2.000,– €. Bis sie in der Lage ist, diese Summe selbst zu verdienen, bekommt sie Unterhalt in dieser Höhe.

Im Prinzip werden die Ex-Partner heute so gestellt, als wäre die Ehe nie geschlossen worden, früher war es umgekehrt, da wurde der Partner so versorgt, als wäre keine Scheidung erfolgt.

Eine dauerhafte Lebensstandartgarantie für die Zeit nach der Scheidung gibt es nicht mehr. Die Möglichkeit, den Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu befristen, wurde vom Gesetzgeber schon vor 20 Jahren statuiert, die Gerichte haben davon allerdings keinen Gebrauch gemacht. Dies wird sich nach dem Willen des Gesetzgebers jetzt ändern.

§ 1574 BGB     Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

Hierzu hat er sämtliche Fähigkeiten zu nutzen. Grundsätzlich können die Ehe bedingten Nachteile ausgeglichen werden.

Zu berücksichtigen sind die Verhältnisse bei so genannten Alt-Ehen.

Weiterhin bestehen Unterhaltsansprüche wegen Krankheit, Alter, Gebrechen, Erwerbslosigkeit und Betreuung gemeinschaftlicher Kinder.

 

4. Arbeitspflicht ab „Kindergartenreife“?

Gemäß § 1570 kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.

Der Betreuungsunterhalt ist somit zunächst auf den Zeitraum von drei Jahren begrenzt. Ab wann tatsächlich der betreuende Elternteil wieder erwerbstätig werden muss, ist abhängig von den Möglichkeiten der Fremdbetreuung.

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber präzise formuliert, dass sich der Unterhaltsanspruch verlängert soweit dies der Billigkeit entspricht.